Ein Schloss

Ein Traum

Eine Legende

Hunderte Jahre Erfahrung
Mensch und Maschine überlebt
Immer wieder Zweckentfremdet
Und jetzt kommen wir!

Die 10 Weisheiten von Schloss Pokvar

Weisheit 1

Kippst du Duschgel in den Pool,
ist das zunächst vielleicht ganz cool.
Am nächsten Morgen, man glaubt es kaum,
das ganze Schloss ist randvoll mit Schaum!

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Weisheit 2

Räum den Teller richtig ein,
sonst gibt´s Chaos, groß nicht klein.
Wenn du ihn einfach dreckig lässt,
läuft die Spüli über – echt kein Fest!

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Weisheit 3

Nimm den Schlüssel, der auch passt,
nicht nur zufällig, oder fast!
Nimmst du den falschen, müssen wir abwägen,
Tür aufbrechen oder doch aufsägen?

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Weisheit 4

In Budapest, da fahr mit Sinn,
schau genau: Wo fährt die Metro hin?
Steigst du falsch ein, hast Schilder satt,
fährst auch mal ans falsche Ende der Stadt!

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Weisheit 5

Gefährlich ists dort in unserer Bleibe,
so mancher verletzt sich, auf seine Weise.
Ob Kiesweg, Poolkanten oder dessen Untergrund,
so mancher haut sich Arm und Köpfe wund.

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Weisheit 6

Kleingeld braucht man für die Parkuhr,
woher bekommen wir das jetzt nur?
Nicht in Euro sondern Forint müssen wir zahlen,
das hat schon so manche Nerven schnell zermahlen!

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Weisheit 7

Ein Wasserrohr, meist ne coole Sache,
erzeugt auch mal ne Wasserlache!
Der Holzboden komplett vollgelaufen,
das Schloss will heute wohl absaufen!

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Weisheit 8

Laci ist bester Mann,
was dieser Typ doch so alles kann.
Egal was uns gerade schlaucht,
er ist da, wenn man ihn braucht!

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Weisheit 9

Gehst du los, Gitarrensaiten kaufen,
hast dich in Tet nichtmal verlaufen.
Kommst wieder hast es nicht verpennt,
hast nicht nur Saiten, sondern gleich ein ganz neues Instrument!

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Weisheit 10

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Das Karussell

Eine Geschichte von Jule

Die Landstraße war schmal, rissig und von wucherndem Unkraut eingerahmt. Mo fuhr langsam, die Scheinwerfer des Wagens schnitten durch die tiefschwarze Nacht. Kein Stern am Himmel, nur der träge Tanz des Nebels über dem Asphalt. „Kommt mir komisch vor hier…“, murmelte Mo, die Hände fest am Lenkrad. „Wo zum Teufel sind wir?“ Die Straße war auf keiner Karte gewesen, aber das Navi hatte eine Umleitung angezeigt. Eine Abkürzung, angeblich. Plötzlich, aus dem Nichts, tauchte etwas im Scheinwerferlicht auf. Mo trat abrupt auf die Bremse. Das Auto kam quietschend zum Stehen. Ein Kinderwagen. Mitten auf der Straße. Er war alt, staubig, einer der klassischen Modelle mit großen Speichenrädern. Er stand da, als hätte ihn jemand einfach vergessen – oder fluchtartig verlassen. Um ihn herum lagen verstreut Kinderklamotten. Ein kleiner Strampler, winzige Socken, ein zerrissener Teddybär, halb im Dreck. Mo starrte ihn an. “Was zum…” Der Motor lief weiter, brummend, aber Mo rührte sich nicht. Ein unangenehmes Ziehen breitete sich im Magen aus, eine Ahnung von etwas, das falsch war – falsch auf eine tiefe, uralte Weise. Schließlich fasste Mo sich ein Herz, legte den Rückwärtsgang ein und wollte gerade wenden, als das Fernlicht etwas in der Ferne erfasste. Etwas Größeres. Ein Wohnwagen. Er stand am Straßenrand, halb in einem Graben, leicht schief. Die Tür war einen Spalt offen. Kein Licht, keine Bewegung. Mo schluckte. Die Straße war zu eng zum Wenden. Also fuhr er langsam näher. Als der Wagen näherkam, konnte man erkennen: Der Wohnwagen war alt und verbeult. Auf der schmutzigen Oberfläche hatten sich mit Fingern Spuren in den Staub gezeichnet – Handabdrücke, überall. Und direkt neben der Tür, mit zittriger Schrift: „Bleib nicht stehen. Nicht umdrehen.“ Mo schaltete das Fernlicht ein. Der Innenraum war dunkel, aber durch die schmale Türöffnung konnte man etwas erkennen. Eine Gestalt. Tief in den Schatten. Nur für einen Moment. Vielleicht war es auch Einbildung. Vielleicht auch nicht. Mo wollte weiterfahren, einfach nur raus hier. Doch der Motor stotterte plötzlich. Ging aus. Stille. Nicht einmal Grillen. Nur der Wind. Und dann – das schwache Quietschen von Rädern. Der Kinderwagen. Er bewegte sich. Langsam rollte er rückwärts… obwohl die Straße eben war. Mo fror das Blut in den Adern ein. Ein Schatten löste sich vom Wohnwagen. Oder war es der Nebel? Etwas kam auf den Wagen zu. Er riss die Tür zu, drehte hektisch den Schlüssel. Der Motor jaulte auf – sprang an. Mit quietschenden Reifen raste Mo los, den Blick starr geradeaus gerichtet. Nicht zurückblicken. Nicht. Aber in der Rückfahrkamera – ein letzter Blick – stand die Gestalt plötzlich mitten auf der Straße. Direkt hinter ihm. Schwarze Augen. Blasses Gesicht. Und auf dem Arm – einen zerfledderten Teddybär. Mo raste die Landstraße entlang. Der Motor heulte, der Tacho kletterte. Im Rückspiegel: Nichts mehr zu sehen. Kein Kinderwagen. Kein Schatten. Nur Nebel.

Auf dem Beifahrersitz saß Mia, blass und stumm, die Augen weit aufgerissen. Auf der Rückbank: Selma und Jule, die Hände ineinander verkrallt, als könnten sie sich gegenseitig festhalten – als wären sie sonst schon halb weggerissen worden. „Habt ihr das auch gesehen?“ flüsterte Jule, doch ihre Stimme klang hohl, wie durch Watte. Niemand antwortete. Mo wollte gerade etwas sagen, als das Radio flackerte. Ein leises Knacken. Dann: Kinderlachen. Hoch, hell – aber blechern. Verzerrt. Es kam nicht aus dem Radio. Es kam von hinter ihnen. Mia drehte sich langsam um. „Da ist jemand im Auto“, flüsterte sie. „Was redest du da?“ zischte Mo. Selma starrte zur Rückscheibe. Ihre Lippen bewegten sich, aber kein Laut kam heraus. „Er sitzt zwischen uns“, hauchte Jule. Ihre Stimme war nicht mehr dieselbe – sie klang … jünger. Fast wie ein Kind. Mo warf einen Blick in den Rückspiegel. Ein Kind. Ein kleiner Junge. Barfuß. In einem blutbefleckten Schlafanzug. Er lächelte – viel zu breit. Viel zu still. Seine Augen waren schwarz wie Öl, ohne Iris, ohne Licht. Neben ihm: der zerrissene Teddybär aus dem Kinderwagen. Jetzt ganz. Sauber. Als wäre nichts passiert. „Stopp den Wagen, Mo“, sagte Mia. Ihre Stimme zitterte. „Wir sind nicht allein.“ Mo trat auf die Bremse. Der Wagen kam mitten auf der Straße zum Stehen. Ringsum dichter Nebel. Das Licht reichte kaum einen Meter weit. Selma zeigte aus dem Fenster. „Da drüben… da ist wieder der Wohnwagen.“ Er stand jetzt direkt neben ihnen. Als hätten sie nie wirklich weggefahren. Die Tür war nun weit offen. Eine warme, flackernde Lampe hing darin. Eine Einladung. Jule öffnete ihre Tür. „Was machst du?!“ rief Mo und packte sie am Arm. Doch Jule sah ihn nicht mehr an. Ihre Augen glänzten schwarz – genauso wie die des Jungen. „Ich wohn hier“, sagte sie einfach. Dann stieg sie aus. Und der Junge folgte ihr. Kein Laut. Kein Schritt auf dem Kies. Nur Stille. Mia weinte. „Das ist nicht Jule. Das war sie nie.“ Mo startete den Wagen. Selma zog Mia zurück ins Auto. Die Tür schlug zu. Wieder fuhren sie los – diesmal in die entgegengesetzte Richtung. Doch egal wie weit sie fuhren – das Navi zeigte keine Bewegung. Die Straße blieb gleich. Die Kurven. Die Bäume. Das Knarzen. Die Schatten. Immer gleich. „Wir kommen nicht raus“, flüsterte Selma. „Wir fahren im Kreis.“ „Nein“, sagte Mo. „Nicht im Kreis.“ Er blickte auf das Navi. Die Straße hatte längst aufgehört, sich zu bewegen. „Wir stehen. Die ganze Zeit. Seit dem Kinderwagen.“ Und aus dem Lautsprecher des Navis flüsterte eine neue Stimme: „Jetzt bist du dran, Mo.“

Der Wagen stand still. Der Motor lief. Doch die Welt draußen bewegte sich nicht mehr. Mia hielt Selmas Hand. Ihre Fingernägel drückten sich tief ins Fleisch, aber Selma reagierte nicht. Sie starrte nur hinaus, durch das Fenster, in den Nebel, der jetzt fast lebendig wirkte. Wie Finger, die an der Scheibe kratzten. Mo fluchte leise, hämmerte aufs Navi. „Scheißding…“ Die Karte blieb eingefroren. Ein einziger Punkt – ihr Wagen, mitten auf einer Linie, die sich nicht veränderte. Keine Richtung. Kein Ziel. Nur ein Ort. Eine Sackgasse in der Realität. Plötzlich knackte das Autoradio – diesmal laut, fast wie ein elektrischer Schlag. Dann: „Ihr dürft nicht gehen. Nicht bevor er vollzählig ist.“ Die Stimme war falsch. Keine normale Stimme. Sie klang wie mehrere Kinder gleichzeitig. Und alt. Zu alt. „Wer ist ‚er‘?!“, brüllte Mo ins Radio. Aber es antwortete nur Lachen. Dann – Bewegung im Rückspiegel. Mia drehte sich langsam um. „Selma…? Wo ist Selma?“ Der Rücksitz war leer. Die Tür war nie geöffnet worden. Kein Laut. Kein Schritt. Kein Schrei. Sie war einfach weg. Dort, wo sie gesessen hatte, lag jetzt ein kleiner Schuh. Kindergröße. Und ein Zettel. Mo griff ihn zögernd. Die Handschrift war zittrig, mit blauer Tinte: „Ich hab sie genommen. Zwei fehlen noch.“ Mia begann zu hyperventilieren. „Das ist nicht real. Das ist ein Traum. Ich muss wach werden.“ Aber Mo wusste, dass das hier realer war als alles andere. Er trat aufs Gas. Voll durch. Der Wagen schoss nach vorn – durch den Nebel, durch die Dunkelheit. Die Scheinwerfer flackerten, der Tacho drehte durch, und für einen Moment … war da wieder der Kinderwagen. Diesmal war er leer. Daneben stand der Wohnwagen, aber größer jetzt. Unmöglich groß. Er ragte wie ein Gebäude auf, viel zu hoch für die Straße. Fenster wie Augen. Die Tür offen wie ein offener Schlund. Mia schrie. Ein Schatten trat aus der Tür. Groß. Dünn. Langgliedrig. Kein Gesicht – nur eine Maske aus Kinderzeichnungen, auf Papier geklebt. Ein Auge war aufgemalt, das andere ausgeschnitten. Dahinter: Dunkelheit. Endlos. Mo konnte nicht mehr ausweichen. Er rammte das Gaspedal – und fuhr durch die Gestalt hindurch. Der Aufprall kam nicht. Stattdessen: ein Schrei. Ein tiefer, schneidender Laut, als hätte jemand in einem zu kleinen Raum geschrien – direkt ins Ohr der Welt. Dann: Licht. Voller Tag. Mo trat auf die Bremse. Die Straße war leer. Der Wald still. Vögel sangen. Der Wohnwagen – verschwunden. Der Kinderwagen – fort. Der Nebel – weg. Mia saß auf dem Beifahrersitz, zitternd, blass. Alleine. Auf der Rückbank: nichts. Keine Selma. Keine Jule.

„Wir… sind raus?“ hauchte Mia. Mo sah sie an. Doch sie blickte nicht zurück. Langsam drehte sie den Kopf – und lächelte. Viel zu breit. Viel zu ruhig. „Nein“, sagte Mia mit einer anderen Stimme. „Du bist jetzt der Fahrer. Ich hol die nächsten.“ Und in seinem Seitenfenster spiegelte sich der Kinderwagen. Langsam rollte er zurück auf die Straße. Mo starrte Mia an. Oder das, was sie geworden war. Das Lächeln auf ihrem Gesicht war eingefroren, wie auf einer Porzellanpuppe. Die Augen: tot. Kein Blinzeln. Kein Zucken. Nur Dunkelheit. Und dann – langsam – begann sie sich zu bewegen. Ruckartig. Als würde jemand an unsichtbaren Fäden ziehen. „Ich hol die nächsten“, wiederholte sie. Dann sank sie nach vorne – bewusstlos. Oder leer? Mo sprang aus dem Wagen. Die Luft draußen war wieder kalt. Kälter als vorher. Die Sonne war da – aber sie wärmte nicht. Der Nebel hatte sich in den Wald zurückgezogen, wartete zwischen den Stämmen wie Raubtiere. Er stolperte zur Beifahrertür, riss sie auf. „Mia?!“ Keine Reaktion. In ihrer Hand lag etwas. Ein Zeichenblock. Mo erkannte die bunten Kinderzeichnungen darauf. Krude gemalte Menschen mit runden Köpfen und dünnen Armen. Doch er sah genauer hin… Es waren sie selbst. Er, Mia, Selma, Jule – gezeichnet mit Filzstift. Und unter jedem Namen: Ein rotes Kreuz. Außer bei seinem. Sein Strichmännchen bewegte sich. Langsam. Als würde es im Papier umherwandern. Es drehte sich zur Ecke der Seite. Schaute ihn an. Dann schrieb sich von selbst eine Nachricht darunter: „Du gehörst jetzt zur Straße. Entweder bringst du sie, oder du bleibst.“ Mo warf das Buch weg, taumelte zurück. Doch hinter ihm: Der Kinderwagen. Wieder da. Wieder leer. Diesmal direkt hinter dem Auto. Und über ihm… war die Straße weg. Nicht einfach nur leer – verschwunden. Kein Asphalt mehr. Nur schwarze Erde. Wie verbrannt. Und aus ihr ragten Hände. Kinderhände. Dutzende. Vielleicht Hunderte. Sie griffen nicht nach ihm – noch nicht. Sie warteten. Er hörte ein Klicken hinter sich. Mia. Aufrecht im Beifahrersitz. Die Augen geschlossen. Die Stimme wie aus einem Grammofon: „Zwei fehlen noch. Dann bist du frei.“ Mo wusste, was das bedeutete. Selma. Jule. Er hatte sie nicht verloren. Sie waren noch hier. Vielleicht nicht in dieser Welt. Aber irgendwo zwischen. Eingeschlossen in dem, was diese Straße wirklich war – kein Ort, sondern ein Hunger. Und er hatte nur eine Chance, sie zurückzuholen. Er musste zurück durch die Tür. Mo blickte zur Seite. Der Wohnwagen stand da. Wieder. Diesmal offen. Drinnen brannte Licht. Und auf dem Boden: Ein Puzzle. Nur drei Teile fehlten. Zwei waren rot. Eines war grau. Sein Herz raste. Er wusste: Wenn er hineinging, kam er vielleicht nie mehr zurück.
Aber wenn er es nicht tat – dann war alles vorbei. Er trat durch die Tür.

Drinnen war es still. Kein Wind. Keine Geräusche. Kein Atem. Und dann – eine Stimme. Ganz leise. Ganz nah. Direkt an seinem Ohr. „Du darfst sie holen. Aber du darfst nicht schreien. Nicht weinen. Nicht zurückschauen. Und wenn du vergisst, wer du bist … dann bleibst du hier.“ Die Tür schlug hinter ihm zu. Und der Wohnwagen war leer. Nur draußen, auf der Landstraße, stand nun ein Auto. Leer. Und der Kinderwagen bewegte sich langsam weiter. Die Tür des Wohnwagens schlägt zu wie ein Sargdeckel. Mo steht im Inneren. Kein Licht, keine Richtung. Nur eine bodenlose Schwarze, die nach innen zieht, wie das Loch im Brustkorb eines toten Gottes. Er ruft nach Jule. Nach Selma. Seine Stimme klingt fremd, verzerrt – als würde sie aus einem alten Tonbandgerät abgespielt, das zu langsam läuft. Dann: ein Flackern. Ein Schaukeln. Ein Kinderkarussell, mitten in der Dunkelheit, dreht sich. Rostig. Blutverschmiert. Statt Pferdchen: aufgespießte Puppenkorper. Statt Musik: Flüstern in Zungen, die nicht mehr gesprochen werden. Auf einem der Sitze: Selma. Haarlos. Haut grau. Augen offen – leer. Ein anderer Sitz: Jule. Der Kopf zur Seite gekippt. Ein Zettel in der Hand: “Nicht ganz tot. Noch nicht. Aber bald.” Hinter ihm: eine Tür. Keine Klinke. Keine Scharniere. Nur Haut. Pulsierend. Ein Kindergesicht wächst aus der Mitte. Es flüstert: „Du willst sie wiederhaben, Fahrer? Dann zahl den Preis. Oder fahr für immer.” Mo fällt auf die Knie. Der Boden ist warm. Atmet. Blut tritt zwischen den Ritzen hervor. Dann – erscheint ein Stuhl. Ein Fahrersitz. Aus Knochen. Daran festgekettet: ein Lenkrad.
Die Nabe – ein menschliches Herz, noch schlagend. Er weiß, was er tun muss. Er setzt sich. Ketten legen sich wie von selbst um seine Arme, Beine, Brust. Die Stimme spricht wieder – jetzt aus dem Herz-Lenkrad: „Wähle: Fahr – und andere sterben für ihre Rettung. Oder bleib – und ihre Seelen verwesen hier.” Mo zögert. Dann: Er legt die Hände ans Lenkrad. Das Herz pulsiert unter seinen Fingern. Das Karussell beginnt, sich schneller zu drehen. Kinder schreien. Stimmen wimmern. Eine Melodie aus Hysterie und Wahnsinn. Jule hebt den Kopf. „Mo…? Warum?” Seine Augen füllen sich mit Tränen – schwarzem Blut. „Es tut mir leid”, flüstert er. Er tritt das Pedal durch. Und fährt. Die Welt zerreißt. Ein neuer Wagen fahrt langsam die Landstraße entlang. Hinterm Steuer: Mo. Reglos. Die Augen leer. Das Gesicht verzerrt, als würde es nicht mehr ihm gehören.
Auf dem Rücksitz: Zwei Kinder. Stumm. Blass. Gerettet? Nein. In ihren Schatten sitzt etwas Drittes. Etwas, das keine Form hat – nur Hunger. Im Handschuhfach: Der Zeichenblock. Neue Namen. Die neuen Namen: Sophia, Robert, Charlotte. Der Wagen steht verlassen. Motor aus. Türen offen. Kein Laut. Kein Wind. Ein zerfetzter Teddybär liegt auf der Motorhaube. Die Augen ausgerissen. Einer seiner Arme zeigt auf den Wald. Dort, wo der Nebel wieder wächst wie Schimmel über die Wirklichkeit. Auf dem Rücksitz: drei Kindersitze. Zwei leer. Einer warm. Ein altes Kinderlied flackert aus dem Radio. Kein Sender. Nur Stimmen, verzerrt und zu hoch. Sie singen Namen:

„Jule, Jule, Selma, Selma, Mo
Jetzt ist wieder einer froh.
Doch das Spiel, das endet nie,
wer fährt die Nächsten durch die Tür wie sie?“

Der Zeichenblock liegt wieder da. Die Seiten umgeblättert. Ein neues Strichmännchen. Kopflos. Darunter drei neue Namen: Sophia, Robert, Charlotte. Und irgendwo, tief im Wald, wo keine Straße mehr hinführt, dreht sich ein Karussell aus Knochen. Kinder stehen drumherum. Stumm.
Wartend. Die Schaukel quietscht. Der Wohnwagen ist bereit. Er braucht Fahrer. Und ihr, ihr habt ihn gesehen.

Nach einer fast wahren Begebenheit, erstellt von Jule 2025, auf dem Weg nach Györ.

Der Gang zu Pokvár

Eine Geschichte von Lena

Tag 1 – Die Ankunft

Es war der Sommer, in dem alles begann. Die Jugendgruppe hatte sich auf etwas Besonderes gefreut: zehn Tage Urlaub in einem alten Schloss in den Wäldern Ungarns, weit entfernt von Städten, Empfang und Alltag. Das Schloss hieß offiziell Kastély Pokvár, doch jeder nannte es nur: Höllenschloss. Es lag am Ende eines endlosen Schotterwegs, umgeben von dichten, moosgrünen Wäldern, die das Sonnenlicht verschluckten. Der Wald war so still, dass selbst das Atmen auffiel. Als der Bus durch das knarzende Eisentor fuhr, starrten sie alle aus dem Fenster: Ein gigantisches Schloss mit unzähligen Fenstern, verschachtelten Türmen und langen Flügeln, als hätte es sich selbst vergessen, wo es endet. Neben dem Haupthaus lag ein verwilderter Tennisplatz, halb überwachsen mit Unkraut. Weiter hinten ein Pool, dessen Wasser zwar blau war, aber leblos wirkte – fast tot. Mo, Elisa, Lena, Jule, Lilly, Mia, Sophia, Emma, Selma, Klara, Lukas, Pauline, Charlotte, Selina, Thorsten und Robert waren aufgeregt. Sie verteilten sich auf die Zimmer – jedes davon unterschiedlich. Kein Zimmer war gleich. Manche hatten fünf Türen. Manche nur eine. Und manche ließen sich nicht wieder öffnen, wenn man sie einmal schloss.

Tag 2 – Das erste Flüstern

In der zweiten Nacht hörte Lilly ein leises Flüstern hinter ihrer Wand. Es klang, als würde jemand direkt durch das Holz zu ihr sprechen: „Nicht da lang gehen… der Gang lebt…“ Sie dachte, es sei Thorsten, der sie erschrecken wollte. Doch als sie die Tür öffnete, war ihr Flur leer – und endete dort, wo vorher noch eine Ecke war. Am nächsten Morgen sagte Pauline, dass ihre Fenster von innen beschlagen waren, obwohl es draußen warm war. Und sie hätte jemanden singen gehört – einen Kinderreim in einer Sprache, die sie nicht kannte. Emma klagte über Kopfschmerzen, Selma hatte Nasenbluten, Mo schwor, beim Tennisplatz gesehen zu haben, wie jemand unter dem Netz hervorkroch – ohne Gesicht. Doch sie lachten es weg. Noch.

Tag 4 – Das verschwundene Zimmer

Am vierten Tag war Lena weg. Ihr Bett war unberührt. Ihre Koffer standen da. Doch das Zimmer, in dem sie schlief, hatte plötzlich keine Tür mehr. “Vielleicht ist sie nur spazieren”, sagte Sophia, doch ihre Stimme war brüchig. Lukas suchte überall – selbst im Keller, wo das Schloss noch älter wurde, und die Wände aus rohem Stein bestanden. Dort unten war ein kleiner Raum – mit einem Bett in der Mitte. Alt. Knarzend. Wie vergessen. Er schwor, er hörte darin jemand atmen.

Tag 6 – Der Pool

Charlotte und Robert beschlossen, den Pool zu benutzen, um sich abzulenken. Es war heiß, stickig im Schloss, und sie wollten “mal normal sein”.
Doch das Wasser war seltsam dick. Kein Echo. Kein Chlorgeruch. Nur ein dunkler, ruhiger Spiegel. Als Charlotte hineinsprang, schrie sie sofort – nicht aus Angst, sondern aus Schmerz. Sie sagte, etwas hätte sie gebissen. Als Robert sie herauszog, war kein Biss zu sehen – nur ein Wort auf ihrer Haut, wie in Brand geätzt:

„ZIMMER 38“

Niemand fand je ein Zimmer mit dieser Nummer.

Tag 7 – Der Tennisplatz

In der Nacht zum siebten Tag verschwand Jule. Elisa sah sie zuletzt in Richtung Tennisplatz gehen – sie wollte frische Luft. Als sie ihr folgte, sah sie Bewegung im Gras. Wie etwas, das dort nicht sein sollte. Lang, knochig, zu schnell. Der Tennisplatz war leer. Aber die Linien auf dem Boden hatten sich verändert – sie bildeten ein Wort:

„ZU SPÄT.“

Tag 8 – Der Gang

Mia und Klara wollten fliehen. Gemeinsam. Sie fanden einen alten Gang im Westflügel, den sie zuvor noch nie gesehen hatten. Kein Licht, nur eine endlose Reihe von Türen. An jeder Tür: Ein Name. Klara öffnete eine Tür mit ihrem eigenen Namen. Dahinter: ihr Kinderzimmer. Aber alles war falsch. Die Spielsachen bewegten sich. Die Wände atmeten. Sie rannte zurück. Mia war verschwunden. Nur ein einzelner Tennisschuh lag auf dem Boden – voller Wasser. Sie war nie am Pool gewesen.

Tag 10 – Die Letzten

Am letzten Tag waren nur noch sechs übrig: Elisa, Mo, Selma, Sophia, Thorsten und Lukas. Das Schloss war still geworden. Türen schlossen sich selbst. Flure führten im Kreis. Die Spiegel zeigten andere Räume. Und der Keller? Der Keller atmete. Man konnte es spüren. Sie versammelten sich im Foyer. Da sprach das Schloss. Nicht mit Worten – aber mit Gefühl: „Einer muss bleiben.“ Ein Bett stand da. Mitten im Raum. Mo sah Lena darauf sitzen. Lächelnd. Und dann nicht mehr. Elisa legte sich freiwillig. Und das Schloss… ließ die anderen gehen.

Epilog

Drei Wochen später kam ein Brief bei Thorsten an. Kein Absender. Nur ein vergilbtes Foto: Die gesamte Gruppe – alle 16. Aber diesmal: 17 Personen. Die letzte, ganz rechts, war Elisa. Doch ihr Gesicht war nicht ihrs.

Lenas Enthüllung der Wahrheit über das Schlosses, von dem alle glauben gesund zurück zu kehren…

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